Die Kirchenfenster der historischen Sammlung Groß Schneen – Teil 3

Kirchenfenster in der Historischen Sammlung Groß Schneen
Foto: Heimatverein Groß Schneen e.V.

Seit Juni 2017 präsentiert der Heimatverein Groß Schneen zwei restaurierte Kirchenfenster in seiner Sammlung. Die Fenster stammen aus zwei verschiedenen Groß Schneer Kirchen. Bei dem einen Fenster handelt es sich um ein Buntglasfenster aus dem Jahr 1934 der sogenannten „Unterkirche“ St. Michaelis. Das andere ist ein handbemaltes Fenster von 1894, das aus der „Oberkirche“ St. Nikolai stammt. St. Nikolai wurde 1971 abgerissen.

Teil 3: Fenster zur Geschichte – Das Buntglasfenster „Wilhelm von dem Hagen“

Buntglasfenster "Wilhelm von dem Hagen" in der St. Michaeliskirche, 1969
Buntglasfenster „Wilhelm von dem Hagen“ in der St. Michaeliskirche, 1969. Foto: Heimatverein Groß Schneen e.V.

Aus der Unterkirche St. Michaelis gelangte ein ca. 1930 hergestelltes Buntglasfenster mit besonderer Geschichte in die historische Sammlung Groß Schneen. Das Fenster zeigt Wilhelm von dem Hagen als Ritter in Rüstung, umgeben von dem Spruch „Eine größere Liebe kann niemand haben, als dass er sein Leben lässt für seine Freunde“ (Joh 15,13).
Wilhelm von dem Hagen wurde 1881 in Groß Schneen geboren und fiel 1915 am Suezkanal als Offizier der türkischen Armee.

„Unter den Toten hatten wir leider auch den Hauptmann von dem Hagen zu beklagen, einen jungen, frischen, tüchtigen und hervorragend tapferen Offizier. Ich hatte ihn damit beauftragt, das Übersetzen am linken Flügel zu leiten; er fiel, von einem Kopfschuß getroffen […]. Die Engländer haben ihn am Ufer des Kanals begraben.“ (Friedrich Kress von Kressenstein: Mit den Türken zum Suezkanal“, 1938, S. 95)

Um 1930 gab seine Familie bei der Künstlerin Lina von Schauroth ein Fenster zu seinem Gedenken in Auftrag. Von Schauroth war Mitglied der Frauenorganisation des paramilitärischen, deutschnationalen Stahlhelm, der während der Weimarer Republik gegen die Demokratie und für die Wiedereinführung des Kaiserreichs kämpfte. Dementsprechend trägt von dem Hagen zu seiner mittelalterlichen Rüstung einen zeitgenössische Stahlhelm. Zudem ist der ihn umgebende Bogen mit Tatzenkreuzen verziert, die durch ihre Ähnlichkeit mit dem Eisernen Kreuz von dem Hagen in eine preußisch-militärische Tradition stellen. Bei der Renovierung von St. Michaelis im Jahr 1934 tauschte man eines Fenster auf der Südseite der Kirche gegen das Fenster der von dem Hagens aus.

Eisernes Kreuz vo 1870
Eisernes Kreuz von 1870 (Foto: Militärhistorisches Museum der Bundeswehr)

1986/1987 wurde St. Michaelis erneut renoviert. Hierbei ersetzte man Lina von Schauroths Fenster wieder durch das Fenster, das sich vor 1934 an dieser Stelle befunden hatte. Das ging nicht ohne Kontroverse vor sich: Manche sahen das Motiv als kriegsverherrlichend an und somit in der Kirche fehl am Platz. Andere wollten das Fenster als historisches Zeugnis an seinem Platz belassen. Schließlich einigte man sich darauf, dass der Heimatverein Groß Schneen das Fenster in seine Sammlung aufnehmen sollte.

Dieser ließ das Fenster für mehr als 2.200 DM restaurieren. Heute steht es zusammen mit einem Fenster aus der ehemaligen Groß Schneer Kirche St. Nikolai hinterleuchtet an prominenter Position in der Sammlung.

Text: Charlotte Kalla, Landschaftsverband Südniedersachsen e.V.; Heine Trümper, Groß Schneen