Seit Juni 2017 präsentiert der Heimatverein Groß Schneen zwei restaurierte Kirchenfenster in seiner Sammlung. Die Fenster stammen aus zwei verschiedenen Groß Schneer Kirchen. Bei dem einen Fenster handelt es sich um ein Buntglasfenster aus dem Jahr 1934 der sogenannten „Unterkirche“ St. Michaelis. Das andere ist ein handbemaltes Fenster von 1894, das aus der „Oberkirche“ St. Nikolai stammt. St. Nikolai wurde 1971 abgerissen.
Teil 4: Die Kirche, die nicht mehr ins Dorf passte – Die Geschichte der Oberkirche St. Nikolai
Umbauten und Leerstände
Nach einem Brand im 1650 musste St. Nikolai komplett neu errichtet werden. Doch schon 1738 konnte sie wegen großer Baufälligkeit nicht mehr besucht werden. 13 Jahre sollte es dauern, bis der Wiederaufbau aus den Steinen des abgebrochenen Amtshauses Mariengarten beginnen konnte. 1756, 5 Jahre nach dem Beginn des Wiederaufbaus im Jahr 1751 konnte der erste Gottesdienst in dem neuen, schlichten Barockbau abgehalten werden. Erst 1768 waren auch der Innenausbau und die Dekoration abgeschlossen.
Die nächste umfangreiche Instandsetzung fand in den 1890er Jahren statt. In diesem Zug ergänzte man die Kirche um ein Türmchen. Außerdem wurde ein handgemaltes Buntglasfenster in die Ostwand hinter dem Altar eingesetzt – das Fenster, das heute in der Historischen Sammlung zu sehen ist.
Doch weniger als 50 Jahre später, im Jahr 1943, fand der letzte Gottesdienst in St. Nikolai statt. Schließlich entschloss man sich 1971 zum Abriss der Kirche: Sie war seit Jahren nur als Lagerraum benutzt worden, außerdem baufällig und der Platz wurde für Schulgebäude benötigt. Die Gebeine des alten Friedhofs wurden umgebettet, einige Schätze aus der Kirche entfernt. Dann rückten die Bagger an. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung blieb von der Oberkirche St. Nikolai nur noch ein Haufen Schutt.
Was blieb von St. Nikolai?
Die liturgischen Gegenstände, die Orgel, die Einrichtung und das Glasmalereifenster wurden vor dem Abriss aus der Kirche entfernt und fanden an unterschiedlichen Orten ein neues zu Hause:
Zwei Altarleuchter aus Zinn, Taufschalen, goldverzierte Kelche und Oblatendosen befinden sich heute in der Unterkirche St. Michaelis.
Die historische Denkmalorgel, 1795 von Joh. Wilh. Schmerbach (der Mittlere) erbaut und vom Patron von Hugo gestiftet, erklingt noch heute in der St. Martinikirche in Bischhausen.
Der Altar, die Kanzel und auch ein Teil der Kirchenbänke wurden in die Kirche Gelliehausen eingebaut. Nach der Renovierung dieser Kirche fanden diese Gegenstände keine Verwendung mehr. Nur das Kruzifix des Nikolaialtars versieht noch immer seinen Dienst in der Friedhofskapelle in Gelliehausen.
Ein Teil des Kirchengestühls fand eine ganz neue Bestimmung. Im Grenzdurchgangslager Friedland dienten sie den Geflüchteten im damaligen Lagerkino in der „Betreuungshalle Nr. 36“ als Kinositze.
Die Kirchentür der abgerissenen St. Nikolaikirche wurde als Eingangstür in das Haus des Heimatvereins auf dem Einzelberg eingebaut. Durch die ehemals auf der Nordseite der Kirche eingebaute Tür betritt man heute die Räume der Historischen Sammlung.
Hier zeigt der Verein auch weitere Überreste der Kirche, darunter die Wetterfahne mit Dokumentenkugel und der Taufbeckenständer. Und endlich fand im August 2017 nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten auch das Glasmalereifenster seinen Platz in der Sammlung.
Text: Charlotte Kalla, Landschaftsverband Südniedersachsen e.V.; Gudrun Blank-Vollmer, Groß Schneen